Arbeitslosigkeit: Woher kommt sie / Was kann man gegen sie tun? Was für Chancen entstehen?

In unserer heutigen Gesellschaft werden viele Menschen früher oder später mit Arbeitslosigkeit konfrontiert. Doch welche Gründe gibt es für die Arbeitslosigkeit, wen betrifft sie und was gäbe es für Alternativen zu ihr?


Unsere moderne Industriegesellschaft ist an ihre Grenzen gelangt. Die Zeiten des Wirtschaftswunders und der Vollbeschäftigung sind lange vergangen und das hat Gründe. Der technische Fortschritt, welcher uns die vielen Erleichterungen des täglichen Lebens verschafft, sorgt auf der anderen Seite auch dafür, dass immer weniger Beschäftigte benötigt werden, um die verschiedensten Produkte herzustellen. 
Doch erst einmal ein paar allgemeine Sätze dazu, wie unsere Wirtschaft funktioniert.

Im Gegensatz zu einem kleinen Prozentsatz an Bevölkerung, welcher vom eigenen Besitz leben kann, ist der Großteil der Menschen moderner Industriegesellschaften aus Mangel an Besitz dazu gezwungen, die eigene Arbeitskraft zu verkaufen, um sich ein Einkommen zu sichern – sprich: arbeiten zu gehen. 
Gleichzeitig ist die Erzeugung von Reichtum der klassischen Wirtschaftslehre nach daran gebunden, dass Menschen eine Arbeit verrichten. Für die Beschäftigten bedeutet das, nur wenn sie arbeiten, bekommen sie Lohn und für die/den Unternehmer_in bedeutet es, dass Gewinn nur entsteht, wenn er/sie die Beschäftigten für sich arbeiten lässt. Profit entsteht also aus geleisteter Arbeit. Wenn er/sie Rohstoffe einkauft, kann er/sie diese erst dann teurer verkaufen, wenn sie durch Arbeit zu etwas Neuem erschaffen wurden. Aus Metall und Kohle wird Stahl, aus Holz wird Papier und so weiter. 
Hinzu kommt, dass ein Unternehmen natürlich das Interesse hat, mit seinen Produkten möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften. Seine höchsten Ausgaben sind in den meisten Fällen die Lohnkosten. Das Ziel ist also, die Beschäftigten so viel wie möglich zu so wenig Lohn wie möglich arbeiten zu lassen und dazu so viel Arbeitsplätze einzusparen, wie es eben geht.
Eine wichtige Rolle spielt hier der technische Fortschritt, der über die Jahre abertausende Arbeiter_innen überflüssig gemacht hat. 
Gut kann man den Gang der Dinge am Beispiel der Landwirtschaft erkennen. Wo noch vor einigen Jahrzehnten hunderte Menschen die Ernte einfuhren und die Felder bestellten, reicht heutzutage dank modernster Mähdrescher und Traktoren für dieselbe Arbeit eine Hand voll Beschäftigter. Vergleichbar mit der Landwirtschaft fand diese Entwicklung auch in vielen anderen Bereichen der Industrie statt. An Stelle hunderter Schweißer_innen und Industriearbeiter_innen traten zum Beispiel in der Automobilindustrie wenige Schweißroboter. So lange es die Beschäftigten zuließen, dass ihre Löhne gedrückt wurden und sie dadurch billiger waren als die Anschaffung einer teuren High-Tech-Maschine, konnten sie ihren Arbeitsplatz erhalten. Aber der Lohnverzicht hat Grenzen, und so konnten Entlassungswellen auf die Dauer nicht verhindert werden. In unserem Bundesland bemerkten besonders die Beschäftigten der großen Werften diesen Strukturwandel. In ganzen Landstrichen kam es so zu Massenarbeitslosigkeit. Um dieser zu begegnen wurden die Betroffenen über Ich-AGs in die Selbstständigkeit gedrängt oder müssen sich in sinnlosen Beschäftigungsmaßnahmen fit für Arbeitsplätze machen, die sie nie bekommen werden. 
Da nicht davon auszugehen ist, dass morgen an Stelle des Taschenrechners wieder der Rechenschieber verwendet wird, wird sich diese Entwicklung fortsetzen und immer mehr Menschen werden in ihren alten Berufen schlichtweg überflüssig. Sie können ihren Körper und ihre Arbeitskraft einfach nicht mehr verkaufen.
Hier wird deutlich, dass die Arbeitslosigkeit eben nicht die eigene Schuld der Betroffen ist und diese der gängigen Propaganda zur Folge einfach zu faul sind. Das alte „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!“ wird in diesem Zusammenhang zu einem ernstzunehmenden Problem.
 Doch statt sich als Beschäftigte in den Burnout und als Menschen ohne Arbeit in die Depression treiben zu lassen, hilft ein Blick auf die Frage nach Sinn und Zweck der Arbeit.

Unserer Meinung nach ist Arbeit weder ein Selbstzweck, noch sollte sie der Vermehrung des Vermögens eines Unternehmens dienen.
 Sie sollte in erster Linie dazu da sein, Produkte herzustellen und Dienstleistungen nach den Bedürfnissen anderer Menschen zur Verfügung zu stellen: Das Bedürfnis nach Pflege im Alter oder bei Krankheit, kompetenter Kinderbetreuung, aber eben auch nach einem neuen T-Shirt oder einer neuen Frisur.
Wenn aber immer mehr Arbeitsplätze zur Herstellung von Produkten überflüssig werden, weil Maschinen dieselbe Arbeit schneller und besser erledigen, könnte man die übrig bleibende Arbeit besser verteilen. 
Das würde bedeuten, dass alle weniger Stunden in der Woche arbeiten müssten. Der technische Fortschritt bedeutet so für uns nicht automatisch eine Bedrohung, zum Beispiel für unseren Arbeitsplatz, sondern steht auch für die Chance auf weniger Arbeit für alle.

Es stellt sich die Frage, warum Menschen, die arbeiten wollen, nicht dürfen, nur weil sie angeblich zu alt sind, warum sich Menschen bis zum Umfallen abhetzen und immer mehr Überstunden machen sollen, während andere zu sinnlosen Tätigkeiten verurteilt sind, nur um die Arbeitslosenstatistiken zu schönen.
Für die Zukunft bestehen zwei Möglichkeiten. Entweder werden wir in einer Zwei-Klassen-Gesellschaft leben, mit überarbeiteten Berufstätigen mit gesichertem Einkommen und dem Rest, welcher ohne Arbeit dahinvegetiert und um Almosen betteln muss, oder wir schaffen es die Arbeit in unserer Gesellschaft neu zu organisieren und erreichen so für alle einen gesicherten Wohlstand bei gleichzeitig geringerer Arbeitszeit.
Klingt das nicht nach einer Zukunft, für die es wert ist zu kämpfen?

Warum gibt es Arbeitslosigkeit